Mainboards bilden das Herzstück jedes Computersystems, denn sie bestimmen, welche Prozessoren, Speichermodule und Erweiterungskarten eingesetzt werden können. Die Mainboard-Größe, auch Formfaktor genannt, legt dabei Größe, Anschlusspositionen und Befestigungspunkte fest. In industriellen Anwendungen spielt die Wahl des richtigen Mainboard-Formfaktors eine zentrale Rolle, da sie Einfluss auf Gehäusegröße, Kühlung, Erweiterbarkeit und Lebensdauer des Systems hat.
Bedeutung des Formfaktors im industriellen Umfeld
Im industriellen Umfeld geht es bei der Wahl des Mainboard-Formfaktors nicht nur um die Größe des Systems, sondern um die optimale Kombination aus Leistung, Stabilität und Flexibilität. Anders als bei Consumer PCs müssen Industrie PCs häufig in beengten räumlichen Verhältnissen wie z.B. in oder an Maschinen oder in Fahrzeugen eingesetzt werden. Ein passender Formfaktor sorgt dafür, dass alle benötigten Komponenten wie Speicher, Schnittstellen oder Erweiterungskarten zuverlässig Platz finden.
Darüber hinaus beeinflusst die Mainboard-Größe die Kühlung und den Stromverbrauch. Kompakte Mainboards wie Mini-ITX sind besonders energieeffizient und eignen sich für Edge- und Embedded-Anwendungen, während größere Formfaktoren wie ATX mehr Raum für leistungsstarke CPUs, Grafikkarten oder zusätzliche PCIe-Slots bieten und z.B. in Tower- oder 19 Zoll Gehäusen untergebracht werden.
Auch die langfristige Verfügbarkeit und Austauschbarkeit von Komponenten hängt vom Formfaktor ab. Industrielle Systeme müssen oft über viele Jahre hinweg wartbar bleiben, sodass standardisierte Formfaktoren Vorteile bieten: Ersatzteile sind leichter verfügbar, Upgrades und Reparaturen können unkomplizierter durchgeführt werden.
Somit ist der richtige Formfaktor im industriellen Einsatz entscheidend für Platzoptimierung, Erweiterbarkeit, Energieeffizienz und Langlebigkeit des Systems.
Gängige Mainboard-Größen und ihre Eigenschaften
Pico-ITX (100 × 72 mm)
Pico-ITX zählt zu den kleinsten standardisierten Mainboard-Formfaktoren. Diese Boards sind für ultrakompakte Systeme konzipiert, bei denen Platz und Energieverbrauch entscheidend sind. Typische Einsatzbereiche finden sich in IoT-Geräten, tragbaren Systemen oder intelligenten Sensoranwendungen. Trotz der geringen Abmessungen unterstützen Pico-ITX-Boards moderne Prozessoren und Schnittstellen, wodurch sie eine robuste Basis für smarte Embedded-Lösungen bilden.
Nano-ITX (120 × 120 mm)
Nano-ITX-Mainboards sind kompakter als Mini-ITX und speziell für Embedded- oder mobile Anwendungen entwickelt. Durch ihre geringe Größe lassen sie sich in besonders engen Einbauumgebungen verwenden, etwa in digitalen Anzeigen, Automatisierungssystemen oder kompakten Steuergeräten. Trotz des kleinen Formats bieten sie schon eine Vielzahl grundlegender Schnittstellen und eine energieeffiziente Architektur für den Dauerbetrieb.
Mini-ITX (170 × 170 mm)
Mini-ITX-Mainboards sind besonders kompakt und energieeffizient, wodurch sie sich ideal für Embedded- und Edge-Systeme eignen. Trotz der geringen Größe bieten sie ausreichende Leistung für viele industrielle Anwendungen. Typische Einsatzgebiete sind Maschinensteuerungen, Fahrzeugtechnik oder Edge AI Systeme, bei denen Platzersparnis und Zuverlässigkeit entscheidend sind.
Micro-ATX (244 × 244 mm)
Micro-ATX-Mainboards stellen einen Kompromiss zwischen kompakter Bauweise und Erweiterbarkeit dar. Sie bieten meist 1–2 PCIe-Slots, ausreichend RAM-Steckplätze und genügend Anschlüsse für industrielle Anwendungen. Besonders in kompakten Industrie PCs kommen sie häufig zum Einsatz, da sie mehr Erweiterungsmöglichkeiten als Mini-ITX bieten, aber dennoch platzsparend sind.
ATX (305 × 244 mm)
ATX (und E-ATX) ist die Standardgröße für leistungsstarke Mainboards und bietet zahlreiche Erweiterungsslots sowie hohe Flexibilität bei der Konfiguration. Diese Formfaktoren werden oft in Industrie Servern oder Workstations eingesetzt, bei denen viele Schnittstellen, zusätzliche Grafikkarten oder PCIe-Karten benötigt werden. Oft der Standard für 19-Zoll Rackmount Systeme unterschiedlicher Höhe (n x 1HE, 44,45 mm).
Extended ATX (E-ATX, 305 × 330 mm)
Extended ATX-Mainboards ermöglichen maximale Leistung und zusätzliche Steckplätze für RAM, PCIe-Karten oder spezialisierte Erweiterungen. Sie eignen sich für rechenintensive Anwendungen wie KI-Training, Videoanalyse oder komplexe Steuerungssysteme, bei denen die Hardwareanforderungen über das Standard-ATX hinausgehen.
Proprietäre Formfaktoren (z. B. 3.5” SBC, COM-Express, VNX, u.a.)
Proprietäre oder spezialisierte Formfaktoren werden maßgeschneidert für Embedded- oder OEM-Anwendungen entwickelt. Sie bieten Vorteile in platzkritischen, mobilen oder rauen Umgebungen und ermöglichen die Integration von spezifischen Schnittstellen, Kühlkonzepten oder besonderen Stromversorgungen, die Standardformfaktoren nicht abdecken.
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Formfaktor |
Abmessung Motherboard |
Anzahl Slots |
|
ATX |
305 mm x 244 mm |
AGP + 6 PCI |
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Micro-ATX |
244 mm x 244 mm |
AGP + 3 PCI |
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Mini-ITX |
170 mm x 170 mm |
1 PCI |
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Nano-ITX |
120 mm x 120 mm |
1 MiniPCI |
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Pico-ITX |
100 mm × 72 mm |
variabel |
Auswahl des richtigen Mainboard-Formfaktors
Die Wahl des passenden Mainboard-Formfaktors hängt stark von den Anforderungen der jeweiligen Anwendung ab. Entscheidend sind dabei Faktoren wie Leistung, Platzangebot, Anzahl und Art der Schnittstellen sowie die Umgebungstemperatur, bei der das System betrieben wird. In industriellen Anwendungen spielt zudem die Verfügbarkeit passender Gehäuse, Kühlkonzepte und Stromversorgungen eine wichtige Rolle.
Bei beengten Platzverhältnissen oder mobilen Systemen ist oft ein kompaktes Mini-ITX-Mainboard die optimale Wahl. Es vereint geringe Leistungsaufnahme mit stabiler Performance und eignet sich ideal für Edge Computing und Embedded Anwendungen, etwa in der Robotik oder in intelligenten IoT Systemen.
Das Micro-ATX-Format bietet mehr Erweiterungsmöglichkeiten bei moderatem Platzbedarf. Es wird häufig in Maschinensteuerungen oder Produktionsanlagen eingesetzt, bei denen zusätzliche Schnittstellen oder Erweiterungskarten benötigt werden, ohne dass das System zu groß wird.
Für besonders leistungsintensive Aufgaben empfiehlt sich das ATX-Format. Es bietet ausreichend Raum für mehrere PCIe-Karten, Hochleistungsprozessoren und große Speicherkapazitäten. Dadurch ist es die bevorzugte Basis für Industrie Server, Steuerrechner oder Workstations, die hohe Rechenleistung und umfangreiche I/O-Kapazitäten erfordern.
Der richtige Formfaktor sorgt dafür, dass das System optimal auf die jeweilige Anwendung abgestimmt ist – von kompakten Edge Lösungen bis hin zu leistungsstarken Serverplattformen.
Langzeitverfügbarkeit und Industrietauglichkeit
Im industriellen Einsatz spielt nicht nur die Leistung eines Mainboards eine Rolle, sondern vor allem dessen Zuverlässigkeit und Lebensdauer. Während Consumer-Mainboards auf kurze Innovationszyklen und Kosteneffizienz ausgelegt sind, werden Industrie-Mainboards speziell für den dauerhaften Betrieb unter anspruchsvollen Bedingungen entwickelt.
Ein wesentlicher Unterschied liegt in der Langzeitverfügbarkeit. Industrielle Systeme werden häufig über viele Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg betrieben. Hersteller industrieller Mainboards garantieren daher meist eine Produktverfügbarkeit von mindestens fünf bis sieben Jahren, was eine langfristige Systemplanung und Ersatzteilversorgung ermöglicht.
Auch die Temperaturbeständigkeit ist ein entscheidendes Kriterium. Industrie-Mainboards sind für erweiterte Temperaturbereiche ausgelegt, typischerweise von -20 °C bis +70 °C oder mehr. Damit können sie in Umgebungen eingesetzt werden, in denen herkömmliche Consumer-Komponenten schnell an ihre Grenzen stoßen, etwa in Produktionshallen, Fahrzeugen oder Außeninstallationen.
Darüber hinaus werden in der industriellen Fertigung Komponenten mit höherer MTBF (Mean Time Between Failures) verbaut, um eine lange Lebensdauer und hohe Betriebssicherheit zu gewährleisten. Ergänzend sorgen robuste Leiterplatten, verstärkte Steckverbinder und spezialisierte Beschichtungen für Schutz vor Staub, Feuchtigkeit und Vibrationen.
Schließlich unterliegen Industrie-Mainboards häufig internationalen Normen und Standards wie IPC (Institute for Printed Circuits) oder IEC (International Electrotechnical Commission). Diese definieren Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen, die eine gleichbleibende Fertigungsqualität und hohe Ausfallsicherheit sicherstellen.
Fazit
Die richtige Mainboard-Größe bildet die Grundlage für Systemstabilität, Effizienz und langfristige Investitionssicherheit. Je nach Anwendung entscheidet sie über Leistungsfähigkeit, Erweiterbarkeit und Kompatibilität mit Gehäusen oder Kühlkonzepten. Besonders im industriellen Umfeld ist es daher wichtig, auf industrietaugliche Mainboards zu setzen, die durch Langzeitverfügbarkeit, erweiterte Temperaturbereiche und hohe Zuverlässigkeit überzeugen. So lassen sich Projekte langfristig planen und Systeme über viele Jahre hinweg zuverlässig betreiben.
Für praxisnahe Beispiele lohnt sich ein Blick auf unsere Industrie PC Produktlinien, die von kompakten Embedded Systemen bis zu leistungsstarken 19 Zoll PCs reichen und jeweils auf die spezifischen Anforderungen industrieller Anwendungen abgestimmt sind.
Aleksandra Szlejter
Aleksandra Szlejter ist Marketing Assistentin bei der InoNet und unterstützt das Marketing-Team bei diversen Aufgaben.
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