Steht im Rahmen eines Projektes die Anschaffung neuer professioneller Computersysteme an, so sind neben der Qualität und Leistung auch die Kosten ein maßgebliches Kriterium für die finale Entscheidung. Oft wird für professionelle Anwendungen mit extremen Umgebungsbedingungen Consumer-Hardware aufgrund der geringeren Kosten in Betracht gezogen.
Warum genau das oft zum Verhängnis werden kann, wird in der nachfolgenden Übersicht im Vergleich zwischen Industrie-PC und Consumer-PC dargestellt.
Kriterium | Industrie-PC | Consumer-PC |
Einzelkomponenten | Die einzelnen Komponenten, aus welchen der Industrie-PC besteht, sind auf eine hohe MTBF (Mean Time Between Failures) ausgelegt, so dass eine hohe Betriebsdauer der einzelnen Bestandteile und somit des gesamten Systems gewährleistet ist. Die MTBF ist zum Beispiel bei Festplatten oder Arbeitsspeicher ein Indiz für die Qualität der Komponenten. Bei SSDs (Solid State Drives) können sogar MTBF-Werte von über einer Million Stunden erreicht werden, was einem Zeitraum von über 114 Jahren entspricht. Die genaue MTBF hängt vom jeweiligen Hersteller und Modell ab. | Die MTBF von Consumer-Komponenten befindet sich eher im unteren bis maximal durchschnittlichen Bereich. Hier kommt es nicht selten vor, dass bereits nach wenigen tausenden Betriebsstunden Fehler oder sogar Ausfälle auftreten und die jeweilige Komponente gegebenenfalls ersetzt werden muss. |
Langzeitverfügbarkeit | Industriecomputer können über bis zu 15 Jahre hinweg baugleich bezogen werden. Somit sind keine aufwändigen und teuren Software-Anpassungen an die ständig wechselnde Hardware notwendig und die TCO (Total Cost of Ownership) werden gering gehalten. | Weder auf Consumer-PCs noch auf Consumer-Komponenten gibt es eine festgesetzte Verfügbarkeit. Einzelne Komponenten können jederzeit seitens der Hersteller abgekündigt werden – somit ist das System in exakt dieser Konfiguration schon nicht mehr beziehbar. |
Ausfallsicherer Dauerbetrieb | Ein ausfallsicherer 24/7-Betrieb von Industrie-PCs stellt sicher, die Down-Time der Anwendung so gering wie möglich zu halten. Schon ein kurzer Stillstand einer großen Anlage kann extrem hohe Opportunitätskosten verursachen. Industrie-PCs sind so konzipiert, dass sie eine fest definierte Aufgabe bei bekannten Umgebungsvariablen mit maximaler Zuverlässigkeit erledigen. Um das Ausfallrisiko weiter zu minimieren, können zusätzlich USVs (Unterbrechungsfreie Stromversorgung) eingesetzt werden, die auch bei Stromausfällen die Anwendung in Betrieb halten, bis der Strom wieder läuft, oder das System bei Spannungsverlust sicher herunterfahren. | Herkömmliche Consumer-PCs sind grundsätzlich nicht für den Dauerbetrieb ausgelegt. Sind diese übe einen längeren Zeitraum in Betrieb, so kann es zu plötzlichen Ausfällen oder gar zum Totalschaden des Systems kommen. Im schlimmsten Fall befindet sich dadurch die komplette Anwendung im Stillstand und bspw. wichtige Produktionsprozesse fallen komplett aus. |
Betriebstemperaturbereich | Nicht selten herrschen an den Einsatzorten der Industrie-PCs extrem hohe oder geringe Temperaturen. Industrie-PCs weisen in der Regel erweiterte Betriebstemperaturbereiche (bis zu -40°C ~ 85°C) auf und können so in den unterschiedlichsten, anspruchsvollsten Umgebungen, wie zum Beispiel in einer Gießerei oder in Bereichen mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, eingesetzt und problemlos betrieben werden. | Die Betriebstemperatur von Consumer-PCs befindet sich in der Regel im Bereich von 0°C – 35°C. Aus diesem Grund eignen sie sich auf keinen Fall für industrielle Anwendungen mit anspruchsvollen Umgebungsbedingungen an wärmeren oder kälteren Einsatzorten. Werden Consumer-PCs unter exteremeren Bedingungen als empfohlen eingesetzt, so kommt es nicht selten zum Totalausfall und irreparablen Schäden des Systems. |
IP-Schutzklasse | Das IP-geschützte Gehäuse (bis zu IP69K) von Industrie-PCs ermöglicht maximalen Schutz gegen das Eindringen von Staub und Wasser in das Gehäuse der Rechner. Besonders passiv gekühlte Embedded Systeme ohne Lüfter und Panel PCs mit fugenloser Front weisen einen hohen IP-Schutz auf. Dabei steht die erste Kennziffer für den Schutz gegen Fremdkörper und die zweite Kennziffer für den Schutz gegen das Eindrigen von Wasser. Grundsätzlich gilt: je höher die Ziffern, desto höher der Schutz. | Consumer-PCs sind im Regelfall nur mit geringem IP-Schutz ausgestattet, so dass nur größere Partikel nicht in das Gehäuseinnere vordringen können, oft bei industriellen Anwendungen vorkommende Kleinteile (Staub, Abrieb etc.) jedoch schon. Darüber hinaus besteht keinerlei Schutz gegen das Eindringen von Wasser – weder gegen Tropfen noch gegen Wasser, welches mit stärkerem Druck auf das System einwirkt. |
Robustheit | Ein stärkerer Vibrationsschutz, bspw. umgesetzt durch Schwingungsdämpfer, erhöht die Lebensdauer der Industrie-PCs ungemein. Von besonderer Wichtigkeit ist ein Vibrationsschutz der Industrie-PCs im Bereich der Fahrzeugentwicklung. Hier müssen die Systeme regelmäßigen Schocks und Vibrationen standhalten können. Durch spezielle Kartenniederhalter werden in vielen Industrie-PCs zusätzlich Steckkarten bei Systemen gesichert, die regelmäßigen Schocks und Vibrationen ausgesetzt sind. | Erschütterungen sind nicht selten verantwortlich für den Defekt von Consumer-Hardwarekomponenten. Da diese Systeme für Büro-Umgebungen ausgelegt sind, ist ein erhöhter Vibrationsschutz in der Regel nicht notwendig. Regelmäßige Erschütterungen können dem System oder einzelnen Komponenten, wie bspw. HDDs (Hard Drive Disk), nachhaltig schaden. |
Befestigungsmöglichkeiten | Industrie-PCs bieten diverse Befestigungmöglichkeiten, wie zum Beispiel die Montage von 19 Zoll PCs in einem Schaltschrank, oder VESA-, Hutschienen- und Wandmontage von Embedded PCs. Dadurch ist beim Einbau ein Maximum an Flexibilität gegeben und die oft schwierigen Platzverhältnisse können berücksichtigt werden. | Gängige Consumer-PCs sind meist nur als „Stand-Alone“-Lösung einsetzbar, gegebenenfalls haben einige noch eine VESA-Bohrung zur Montage (trifft wenn überhaupt eher auf kleinere Modelle zu). |
Kosten | In der Regel sind die anfänglichen Investitionskosten in Industrie-PCs etwas höher als bei Consumer PCs bei vergleichbarer Rechenleistung und Speicherkapazität. Die Robustheit und Langlebigkeit der Systeme trägt aber dazu bei, dass die langfristigen Kosten (TCO) im Vergleich zu Consumer-PCs deutlich geringer ausfallen. Beispiel: Ein und derselbe Industrie-PC verrichtet neun Jahre lang zuverlässig den Dienst innerhalb einer industriellen Anwendung. Würde man für dasselbe Szenario einen Consumer-PC nutzen, so müsste dieser in der gleichen Zeitspanne mit hoher Wahrscheinlichkeit mehrmals erneuert werden, da die verbaute Hardware nicht für diesen Zweck ausgelegt ist. | Consumer-PCs sind in der Anschaffung günstiger, neigen jedoch besonders bei industriellen Anwendungen wesentlich häufiger zum Ausfall und bringen so teure Wartungsarbeiten bzw. Ersatzgeräte mit sich. |
Paul Jensen
Paul Jensen ist Product Manager bei InoNet und verantwortet diverse Produktkategorien und Serviceleistungen.
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