Normen & Zertifizierungen

IEC 62443: Sicherheitsstandard in der Industrie

In der heutigen digitalen Ära sind industrielle Systeme zunehmend Cyberangriffen ausgesetzt, was die Notwendigkeit robuster Cybersicherheitsmaßnahmen unterstreicht. Der IEC 62443 Standard spielt eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung von Schutz und Resilienz gegen Cyberbedrohungen. In diesem Blog-Artikel erklären wir die Bedeutung und Struktur der IEC 62443 Zertifizierung, beleuchten ihre Relevanz im Kontext der europäischen Cybersicherheitsregulierungen und zeigen auf, wie die IEC 62443 Norm zur Verbesserung der Cybersicherheit in industriellen Umgebungen beiträgt und warum sie für moderne Unternehmen unerlässlich ist.

Grundlagen und Bedeutung des IEC 62443 Standards

Der IEC 62443 Standard ist ein international anerkanntes Regelwerk, das sich umfassend mit der Cybersicherheit von Netzwerk- und Informationssystemen in der industriellen Automatisierungstechnik befasst. Die internationale Normenreihe IEC 62443 bezieht sich auf die Sicherheit von „Industrial Automation and Control Systems"(IACS), somit von Automatisierungs- und Steuerungssystemen. Entwickelt von der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC), zielt dieser Standard darauf ab, Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre industriellen Steuerungssysteme vor den wachsenden Bedrohungen durch Cyberangriffe zu schützen. Besonders wichtig ist der Standard im Kontext der OT-Security und IT-Sicherheit, da er beide Bereiche integriert, um einen umfassenden Schutz zu gewährleisten.

Die Bedeutung des IEC 62443 Standards liegt in seiner strukturierten und ganzheitlichen Herangehensweise, die sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen umfasst, um eine robuste Sicherheitskultur zu fördern. Er adressiert nicht nur die Sicherheit einzelner Komponenten, sondern betont auch die Wichtigkeit eines ganzheitlichen Lebenszyklus-Ansatzes, der von der Planung über die Implementierung bis hin zur Wartung und kontinuierlichen Überwachung reicht.

Dies ist besonders relevant in der Ära der Industrie 4.0, in der die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung neue Risiken und Angriffsflächen für Cyberattacken schafft. Durch die konsequente Implementierung von IEC 62443 können Unternehmen ihre Anlagen und Netzwerke effektiv gegen diese Bedrohungen absichern und so die Integrität, Verfügbarkeit und Vertraulichkeit ihrer Systeme gewährleisten.

Die Struktur des IEC 62443 Standards

Der IEC 62443 Standard ist modular aufgebaut und in vier Teile gegliedert, die unterschiedliche Aspekte der industriellen Cybersicherheit abdecken. Die Normenreihe umfasst

  • Teil 1: allgemeine Konzepte
  • Teil 2: Richtlinien und Verfahren für das Management der Cybersicherheit
  • Teil 3: Sicherheitsanforderungen an Systeme
  • Teil 4: Komponenten und sichere Produktentwicklung

IEC 62443-4-1: Sichere Produktentwicklung 

Besonders hervorzuheben ist der Teil IEC 62443-4-1, der sich auf die sichere Produktentwicklung im Unternehmen konzentriert. Dieser Standard stellt sicher, dass Sicherheitsmaßnahmen von Anfang an im gesamten Produktentwicklungslebenszyklus integriert werden. Dies umfasst die Definition von Sicherheitsanforderungen, das Design, die Implementierung, das Testen und die Wartung. Durch die frühzeitige Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten in der Entwicklung können Unternehmen robustere und widerstandsfähigere Produkte erstellen.

IEC 62443-4-2: Technische Sicherheitsanforderungen

Im Gegensatz dazu befasst sich IEC 62443-4-2 mit den technischen Sicherheitsanforderungen für industrielle Automatisierungs- und Steuerungssysteme, insbesondere für einzelne Komponenten wie Industrie PCs und andere eingebettete Systeme. Dieser Teil des Standards definiert spezifische Richtlinien zur Implementierung von Sicherheitsfunktionen, die erforderlich sind, um Schutz gegen identifizierte Risiken zu gewährleisten. Hierbei werden konkrete technische Anforderungen an die Hardware und Software gestellt, um ein hohes Maß an Cybersicherheit zu gewährleisten.

Zusammenspiel von IEC 62443-4-1 und 62443-4-2

Während IEC 62443-4-1 den Prozess der Produktentwicklung absichert, stellt IEC 62443-4-2 sicher, dass die Endprodukte den höchsten Cybersicherheitsstandards entsprechen. Durch die Kombination beider Teile können Unternehmen sowohl die Sicherheit ihrer Entwicklungsprozesse als auch die ihrer fertigen Produkte gewährleisten, was die Resilienz industrieller Anlagen gegenüber Cyberangriffen erheblich stärkt. Mehr bei TÜV erfahren.

Vorteile der IEC 62443-4-2 Zertifizierung für Industrie-PCs 

IEC 62443-4-2 legt spezifische Anforderungen an Industrie PCs fest, um sicherzustellen, dass diese Geräte entsprechend den Cybersicherheitsstandards entwickelt und konfiguriert werden. Eine Zertifizierung nach diesem Teil des Standards zeigt, dass ein industrieller PC robuste Sicherheitsfunktionen besitzt, wie etwa sichere Authentifizierung und Verschlüsselung, und dass er regelmäßigen Sicherheitsüberprüfungen unterzogen wird.

Für Unternehmen bedeutet die Verwendung von nach IEC 62443-4-2 zertifizierten Industrie PCs eine höhere Sicherheit ihrer Infrastruktur und eine Reduzierung des Risikos von Cyberangriffen. Dies ist besonders wichtig für kritische Infrastrukturen und in hochregulierten Branchen. Darüber hinaus erleichtern zertifizierte Geräte die Einhaltung von NIS-2 Compliance-Anforderungen und reduzieren den Aufwand für die Sicherheitsbewertung und -validierung, wodurch Zeit und Ressourcen gespart werden. Dies alles trägt dazu bei, die Betriebssicherheit zu erhöhen und Unternehmen die Möglichkeit zu geben, sich stärker auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.

Zu IEC 62443-4-2 zertifizierten Industrie PCs

Verbindung zwischen IEC 62443 und regulatorischen Rahmenwerken wie NIS2, CER, CRA und KRITIS

Der IEC 62443 Standard unterstützt regulatorische Rahmenwerke wie die NIS-2-Richtlinie (Network and Information Systems Security), die CER (Critical Entities Resilience) Richtlinie, den CRA (Cyber Resilience Act) und das KRITIS. Diese Rahmenwerke zielen darauf ab, die Cybersicherheit auf nationaler und internationaler Ebene zu erhöhen und eine koordinierte Reaktion auf Cyberbedrohungen zu gewährleisten. Das KRITIS-Dachgesetz schärft die Sicherheitsanforderungen für kritische Infrastrukturen und setzt damit EU-Vorgaben der CER Richtlinie um. 

Der IEC 62443 Standard erleichtert die Compliance mit diesen wichtigen europäischen Cybersicherheitsregulierungen. Er stellt sicher, dass Industrie Computer und industrielle Systeme den hohen Sicherheitsstandards dieser Regelungen entsprechen. Für die NIS-2 unterstützt die Zertifizierung die Erfüllung der Anforderungen an Risikomanagement und Sicherheitsvorfälle, während sie für den CRA bestätigt, dass digitale Produkte die erforderlichen Sicherheitsvorgaben erfüllen. Im Hinblick auf die CER trägt sie zur Erhöhung der Resilienz kritischer Infrastrukturen bei, indem sie einen Schutz gegen Cyberbedrohungen fordert.

Aleksandra Szlejter

Aleksandra Szlejter

Aleksandra Szlejter ist Marketing Assistentin bei der InoNet und unterstützt das Marketing-Team bei diversen Aufgaben.